Freitag, 13. November 2015

Volksglaube

Die Raben

Im Felde stand ein Knabe
Und sah auf's dürre Land,
Da flog herbei ein Rabe
Und flog auf seine Hand.

Der Vogel ließ sich streicheln,
Der Knabe that's mit Lust;
Er drückte unter Schmeicheln
Das Thier an seine Brust.
Der Abend kam hernieder
In nebelnder Gestalt;
Mit ängstendem Gefieder
Lag Nacht auf Feld und Wald.

Da krächzte laut der Rabe
Und schwirrte bang' umher;
Da weinte laut der Knabe
Und lief im Feld' umher.
Und Raben über Raben
Die flogen schwarz herbei,
Umflatterten den Knaben
Mit grausigem Geschrei.

Ermattet von dem Irren
Sank er auf einen Stein,
Und schlief beim Rabenschwirren
Um Mitternächten ein.
Er ist nicht aufgestanden
Aus seiner Angst und Noth,
Am frühen Morgen fanden
Ihn seine Eltern todt.

Heinrich Bone *1813 - †1893

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