... wäre mein Opa Gerhard heute geworden.
Viel weiß ich nicht mehr von ihm.
Er starb 1982 ... damas war ich 20 Jahre alt.
Geboren wurde er am 13. Dezember 1911 in Schlesien und war von Beruf Tischler.
Noch heute besitze ich verzapfte Kästen und Fußbänkchen die von ihm hergestellt wurden.
Er spielte Mandoline und Akkordeon und heiratete Ende der 30ern meine Oma Klara.
Sie hatten zwei Töchter.
Meine Mutter wurde im Juni 1940 geboren und meine Tante 1943.
Sie hätten sicher ein schönes Leben in Lüben gehabt, wenn der Krieg nicht gewesen wäre.
Mein Opa Gerhard gehörte im 2. Weltkrieg dem Dragoner-Regiment zu Pferde an.
Das nebenstehende Foto entstand 1941/1942 während eines Urlaubs in der Wehrmachtszeit.
Für meine Mutter war der Mann ein Fremder.
GsD kam er ohne körperliche Verletzungen oder Gefangennahme durch diesen schlimmen Krieg.
Leider kam Ende Januar 1945 der Evakuierungsbefehl der NSDAP und meine Oma mußte Haus und Hof zurück lassen.
Mit Bollerwagen und zwei Kleinkindern schloss sie sich einem Treck an und es ging Richtung Westen in eine ungewisse Zukunft.
Es müssen weitere Familienangehörige dabei gewesen sein, denn ich weiß, daß Oma ihre kranke Mutter wärend der Flucht in einem Krankenhaus zurück lassen mußte und sie auch nach dem Krieg nicht wieder fand.
Meine Mutter (4 J.) und Tante (fast 2 J.) waren mit Stricken am Handgelenk an den Bollerwagen gebunden.
Damit sie nicht verloren gingen.
In sicher eisiger Kälte ging es Richtung Dresden.
Doch dort mußten sie in der Nacht vom 13. auf dem 14. Februar vor der Bombadierung in einen Wald (auf einem Berg) flüchten.
Von oben sahen sie fassungslos der Zerstörung Dresdens zu.
Übernachtet wurde auf der Flucht in bäuerlichen Gehöften.
Zu essen gab es kaum was.
Die Bauern verschenkten schonmal Brot oder ein paar Kartoffeln.
Mein Opa hatte in der Wehrzeit immer brieflichen Kontakt durch eine Cousine in Berlin zu meiner Oma.
Wie und wo sie allerdings das Kriegsende erlebten, weiß ich nicht.
Mein Opa fand nach dem Krieg Arbeit als Tischler auf der Zeche Diergardt und später Zeche Mevissen hier im Ruhrgebiet.
Allerdings kam 1973 die Stilllegung und mein Opa war mit 62 Jahren arbeitslos.
Die anschließende Rente war sehr gering und sie wohnten in einer kleinen Zechenwohnung (ca. 50 qm) mit Kohleofen.
Meine Oma arbeitet nachmittags viele Jahre als Putzhilfe in einer Arztpraxis und wenn ich dort am offenen Fenster laut nach meiner Oma rief, durfte ich mich in den Praxisräumen aufhalten.
Das war immer interessant.
Nach dem Tod meines Opas zog meine Oma in ein kleines modernes Appartment mit Zentralheizung, Aufzug und Müllschlucker.
Leider ist sie dann ein paar Jahre später sehr plötzlich (1993, kurz vor der Geburt ihres 2. Enkels) nach einem Armbruch in ihrem Bett für immer eingeschlafen.
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Als Kind schenkte ich meinem Opa zum Geburtstag immer die Schokoladenfigur aus meinem Adventskalender.
Schön verpackt in einer Streichholzschachtel.
Meine Großeltern haben ihre Heimat nie wieder besucht.
Heute würde ich ihnen zu gerne die vielen Fotos von Lüben im Internet zeigen.
Doch leider ist es zu spät dafür ...
1 Kommentar:
Ein sehr schöner Einzelschicksalsbericht über die langsam verloren gehende Vergangenheit. Ich selbst könnte so etwas momentan gar nicht so konkret schreiben über meine toten Omas und Opas, aber vielleicht später mal, falls mir Unterlagen von meinem Vater zufallen sollten.
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